Der Trauerprozess lässt sich in unterschiedlichen Phasen einteilen. Wie lange und wann die Phasen auftreten ist genau so verschieden, wie wir Menschen es sind. Es gibt keine richtige oder falsche Trauer. Jeder Mensch hat seine persönliche Trauer.
Schock
Ist die erste Reaktion auf den Tod. Im ersten Schock wird die Tatsache meistens geleugnet. In der Schockphase ist die zweite Phase Betäubung und Erstarrung. Die Dauer dieser Phase ist abhängig davon, in welcher Beziehung man zu dem Toten steht und wie man selber ist.
Leugnen
Diese Form des Schocks wird in den meisten Fällen verbalisiert:“ NEIN!“ Welches bedeutet es kann nicht wahr sein, tu mir das nicht an, ich bin noch nicht soweit. In der Phase ist zuhören das Wichtigste: „Menschen können geheilt werden, wenn man ihnen ein Ohr leiht“
Betäubung
In dieser Phase wird es meistens still. Die stille Anwesenheit ist gefordert, die Hand halten, eine liebevolle Umarmung. Die Liebe fließen lassen.
Für den Trauernden ist des hilfreich, mit dem Verstorbenen eine Zeitlang allein sein zu dürfen. Um die Wahrheit zu begreifen, den Tod zu akzeptieren.Aber auch um Abschied zu nehmen, den Toten noch einmal zu berühren, mit ihm zu sprechen, ein Gefühl von Nähe zu spüren.
Betäubung ist die Phase wenn der Kopf weiß dass der Mensch tot ist, man sich aber weigert es zu glauben. Der Hauptgrund dafür, dass wir jemanden unter Schock nicht wirklich trösten können ist: Schmerz der auf Tatsachen beruht, aber nicht geglaubt wird, ist nicht zu lindern.
Jemand in der Betäubungsphase ist nicht er selbst. Gerade aber in dieser Zeit kann es sein das der Trauernde wichtige Entscheidungen zu treffen hat. Hier sollte der Trauernde sich Menschen anvertrauen, die tatsächliche Hilfe geben können. Der Schockzustand kann sehr lange anhalten, aber irgendwann muss das Begreifen einsetzen, weil nur so echte Trauer und Heilung möglich ist.
Schmerz
Während es in der Schockphase, als Antwort auf den Tod, keine Gefühle gibt, gibt es jede Menge davon sobald man akzeptiert hat und der Heilungsprozess beginnt. Diese Gefühle sind gewaltig und schmerzhaft, nicht nur emotional sondern auch oft körperlich. So können Rückenschmerzen, Kopfschmerzen Magenschmerzen oder Durchfall auftreten. Alle diese physischen Beschwerden sind während des Trauerprozesses normal. Die andere Art von Schmerz ist von seelischer Natur. Das ist viel komplizierter, lässt sich nicht mit Medikamenten heilen. Psychopharmaka behindern den Trauerprozess viel mehr, als das sie ihn erleichtern. Der Zustand des Schmerzes ist nicht in wenigen Stunden oder Tagen zu beheben, er bleibt in mancherlei Art und Grad für lange Zeit.
Verrücktheiten
In dieser Phase sind die ersten Schritte zur aktiven Trauer getan, wenn man glaubt dass der Angehörige tot ist. Daran zu glauben und damit umgehen zu müssen, kann manchmal mehr sein als ein Mensch ertragen kann. Es tut einfach zu weh, um sich vor dem Schmerz zu schützen veranstalten viele Trauernde alle möglichen Verrücktheiten, in dem Versuch dem Toten verbunden zu bleiben. Der Verlust des Kurzzeitgedächtnisses auf alltägliche Dinge, niemals auf den Menschen oder das Ereignis, ist ein Zeichen dafür, dass man die Welt anhalten will. Man nimmt die Gegenwart nicht mehr wahr.
Wiederholte Erzählungen, gemeinsamer, vergangene Ereignisses oder dem Unfall/ Krankheit oder des Suizid betreffen, sind leichter zu ertragen, als Neues von einer sich weiterdrehenden Erde einzubeziehen.
Oft ist es so, dass man sich nicht von den persönlichen Gegenständen trennen will bzw. kann. Allerdings alles zu behalten reißt immer wieder neue Wunden bei dem Trauernden auf und behindert den Heilungsprozess. Genauso schmerzhaft kann es sein, das Gegenteil zu tun. Manche Menschen versuchen davonzulaufen, wechseln den Arbeitsplatz, verkaufen das Haus, stürzen sich in Sex-Abenteuer und geben alles her was dem Verstorben gehört hat. Aber vor dem Tod davonlaufen kann man nie, Sie werden das Trauern nicht abstellen. Grundsätzlich sollte in dem ersten Trauerjahr keine grundlegenden Änderungen vorgenommen werden. So übereilte Aktionen können den Trauerprozess unterbrechen mit bösen Auswirkungen.
Beide Verhaltensweisen, den Nachlass nicht anzurühren oder eine übereilte Entsorgung sind Versuche die Welt in der Todesstunde anzuhalten. Beides sollte man vermeiden.
Lethargie/ dumpfer Schmerz
Ein Mensch, der sehr gelitten hat, der schließlich einwilligt den Tod als Tatsache zu akzeptieren, muss nun der Wahrheit ins Auge blicken. Das seelische Gleichgewicht von früher wird nie wieder zurückkommen. Der Begriff der Wirklichkeit muss nun durchlebt werden. Die Welt des Nichts wird betreten, sie fühlt sich leer an und findet nichts als unbeantwortete Fragen. Sinnlose Fragen und schwere Zweifel füllen diese Leere. Mit dem begreifen, dass der Tod unwiderruflich ist, wird der Verlust noch größer. In dem Maße, in dem das Gefühl des Verlustes stärker wird, wachsen auch die Dimensionen des Toten, um die riesige Leere auszufüllen. Alles wird in der Erinnerung schöner, immer glücklicher. Solche Gefühle werden noch intensivierter in Erscheinung treten, wenn Schuldgefühle den Trauernden plagen. Die Schuldgefühle werden kompensiert, indem sie die Tugenden des Toten und die Beziehung glorifizieren.
Die Phase des dumpfen Schmerzes kann sehr lange dauern und kann besonders schwierig für die Angehörigen oder Freunde eines Trauernden sein. In dieser Phase zieht der trauernde Mensch sich oft in seine eigene Welt zurück. Selten wird es einem anderen Menschen erlaubt in dieser Zeit die Hand zu reichen. Der Trauernde lebt in der Vergangenheit, funktioniert in der Gegenwart und die Vorstellungen der Zukunft sind es nicht wert darüber zu sprechen oder sich darauf zu freuen. Schuldgefühle, Ärger, Wut und Angst treten periodisch auf, welche jetzt auf einer tieferen seelischen Ebene bearbeitet werden. Diese Bearbeitung hat seelische Erschöpfung und körperliche Müdigkeit zur Folge. Fragen, Wie geht es weiter? Was soll ich tun? Wohin soll ich gehen? Welchen Sinn hat mein Leben noch? Erhöhen die innere Qual, mag sein das vieles davon in einem stummen Zwiegespräch mit Gott abgehandelt wird.
Heilung
Eines Morgens, ganz leise, findet der Trauernde sein seelisches Gleichgewicht wieder. Es ist nicht das gleiche wie zuvor. Es schließt auch noch nicht andere Menschen und Dinge mit ein. Aber es ist wieder ein Gleichgewicht und das ist der Beginn der Heilung.
Alle Trauerphasen werden immer wieder kehren, doch sind es von nun an Besuche von kurzer Dauer.
Es gibt keinen Zeitplan wann was eintritt. Der dumpfe Schmerz dauert am längsten und kommt auch am häufigsten wieder.
Man sagt:“ Zeit heilt alle Wunden!“ Das ist nicht wahr, Zeit allein heilt keine Wunden, aber trauern braucht Zeit. Mit dieser Zeit werden die scharfen Kanten des Leids abgeschliffen.