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Psychosoziale Versorgung
Symbolbild

Psychosoziale Versorgung während der Corona-Pandemie

Zu Beginn der Corona-Pandemie war schnell klar, dass betroffene Patient*innen auch eine spezielle psychosoziale Versorgung brauchen würden. Vor allem, da aufgrund eines generellen Besuchsverbots in den Kliniken der soziale Kontakt zu Angehörigen und Freund*innen komplett entfallen musste. Zugleich bedeutete die Angst vor der unbekannten Erkrankung eine hohe Belastung. Da nicht nur die Patient*innen, sondern auch Angehörige und auch Mitarbeiter*innen darunter litten, erarbeitete ein interdisziplinäres Team aus Psychiater*innen, Psycholog*innen und Seelsorger*innen ein innovatives Versorgungsmodell unter Verwendung digitaler Medien und mit telemedizinischen Interventionen zur psychologischen Unterstützung.

Gemeinsam entwickelten PD Dr. Eva Hoch, Prof. Dr. Frank Padberg, beide Sektion Psychosomatische Medizin und Psychotherapie an der Psychiatrischen Klinik, Prof. Dr. Claudia Bausewein, Direktorin der Klinik für Palliativmedizin, und Dr. Friederike Mumm, Oberärztin in der Med III und Leiterin der Psychoonkologie, sowie Dr. Bernhard Barnikol-Oettler, Pfarrer in der Klinikseelsorge, ein eigenes Konzept, das in kürzester Zeit auf die Beine gestellt wurde. Eine psychologische Versorgung gibt es dabei nicht nur für Patient*innen, sondern auch für deren Angehörige sowie für die Mitarbeiter*innen auf den Corona-Stationen.

Corona-Patient*innen können 24 Stunden an sieben Tagen in der Woche eine eigene Hotline anrufen, die von der Klinikseelsorge organisiert wird. Dazu bieten von Montag bis Freitag Psycholog*innen und Ärzt*innen der Psychiatrie therapeutische Unterstützung an. Diese wird von Mitarbeiter*innen auf den Covid-Stationen initiiert und findet entweder als Telefonat oder – wenn die Patient*innen es wünschen –  auch als Videogespräch über Tablets statt.

„Wir haben bisher 60 Tablets zur Verfügung, die uns dankenswerter Weise von Intel und BMW gespendet wurden“, sagt Prof. Dr. Padberg. Der Vorteil der Videoschalte: „Wir erleben die Patient*innen unmittelbarer auch in Mimik und Gestik, haben so ein anderes Bild ihrer emotionalen Situation und werden für sie direkt sichtbar“, erklärt Prof. Dr. Padberg. Die Mitarbeiter*innen der Psychiatrie wurden für diese Gespräche von der Psychologin PD Dr. Eva Hoch von der Abteilung Psychosomatik und Psychotherapie speziell geschult, Dr. Matthias Reinhard entwickelte das Tablet-System dafür. Über gängige Browser können die Nutzer sowohl auf Covid-Normal- wie auch Covid-Intensivstationen auf unterschiedlichsten Endgeräten auf das System zugreifen.

Psychologische Unterstützung können auch Angehörige in Anspruch nehmen, denn für sie ist die Situation ebenfalls schwierig, da sie ihre Lieben in der Klinik nicht besuchen können. Das Unterstützungsangebot für Angehörige wird federführend durch das Psychologische Team der Klinik für Anästhesiologie und der Klinik und Poliklinik für Orthopädie, Physikalische Medizin und Rehabilitation gewährleistet. Das Team Psycho-Onkologie des CCC/ Med. III in Kooperation mit Lebensmut e.V. stellt außerdem eine Rufbereitschaft außerhalb der regulären Dienstzeiten, z.B. nachts und am Wochenende.

In einer Ausnahmesituation sind auch die Mitarbeiter*innen auf den Stationen mit Covid-Patienten. Für sie gibt es unter dem Motto #HelptheHelper eine von Gerrit Burkhardt, Psychiatrische Klinik, organisierte Hotline, in der sie in akuter psychischer Belastung bei der Arbeit und zu Hause Unterstützung finden. „Wir wollen so Kolleg*innen in einer anhaltenden und massiv stressbehafteten Situation entlasten“, sagt Prof. Dr. Padberg.

Wie schon bisher absolviert die Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie den Konsiliardienst auf den Stationen, Corona geschuldet auch telefonisch oder per Video. Alle Maßnahmen werden dokumentiert und evaluiert. „Die digitalen Optionen, die Patient*innen- und die Mitarbeiter*innen-Hotline sowie die interdisziplinäre Zusammenarbeit sind Grundlagen eines neuen Versorgungsmodells“, so Prof. Dr. Padberg. „Wichtige Ziele sind eine zeitnahe und niederschwellige Unterstützung in Situationen akuter psychischer Belastung – bei der Arbeit und zu Hause, die Förderung der Mitarbeiter*innengesundheit während einer anhaltenden, ungewohnten Krise und die Verbesserung der Patient*innenversorgung durch Entlastung der Klinikteams.“