Deutsche wählen weiterhin den Friedhof als wichtigsten Bestattungsort
Wer die Berichterstattung über Tod, Sterben und die Bestattung von Menschen verfolgt, kann schnell den Eindruck gewinnen, die Beisetzung unserer Verstorbenen auf dem Friedhof wäre nur noch ein Randthema. Vielfältige neue Formen der Bestattung in Waldarealen, eine Verstreuung von Asche auf speziellen Aschestreuwiesen sowie andere extravagant und unkonventionell anmutende angebliche neue Bestattungspraktiken werden in Print- und Online-Medien sowie im Fernsehen gerne vorgeführt. Das Kuratorium Deutsche Bestattungskultur wollte es genauer wissen und hat daher eine deutschlandweit repräsentative Umfrage des Forschungsinstituts DIMAP zur Frage in Auftrag gegeben, wie die Deutschen bestattet werden wollen. Dabei zeigt sich, dass zwar die Mehrheit die Feuerbestattung der Erdbestattung vorzieht (im Jahr 2016 wurden schätzungsweise 64% der der rund 900 000 Verstorbenen kremiert), die Urnen jedoch mit einem Anteil von weit über 90 % weiterhin auf den rund 32 000 kommunalen und kirchlichen Friedhöfen unseres Landes beigesetzt werden. Für 47 % der Befragten spielt es keine Rolle, ob ein Friedhof in öffentlicher, also von der Gemeinde oder von der Kirche geführten Trägerschaft betrieben wird oder von einem privat geführten Unternehmen. Derzeit besteht nur für Institutionen des öffentlichen Rechtes die Möglichkeit, in Deutschland einen Friedhof zu betreiben, allenfalls können Teilflächen in einem Private-Public-Partnership-Projekt durch private Anbieter geführt werden. Bei diesen Flächen handelt es sich meist um pflegefreie Gemeinschaftsgrabanlagen: Ein guter Weg, Menschen mit Namensnennung würdevoll auf einem öffentlich zugänglichen Friedhof beizusetzen.
Pflegefreie Grabanlagen liegen im Trend
Tendenziell wünscht sich die Mehrheit der deutschen Bevölkerung vor allem individuellere und pflegeärmere bzw. pflegefreie Grabanlagen auf den letzten Ruhestätten. Durch deutschlandweit verstreute Familien und die erhöhte Mobilität ist die traditionelle Grabpflege kaum mehr realisierbar und wird zum Hemmnis, das Familiengrab über Generationen weiterzuführen. Hier äußern vornehmlich ältere Menschen den bangen Satz, sie wollten mit der Grabpflege ihren Angehörigen nicht zur Last fallen. Leider wird dabei die Tatsache verkannt, dass sich ihre Angehörigen oft einen konkreten Trauerort wünschen und diesen brauchen, gerade wenn sie ansonsten weit weg in einer anderen Gegend leben. Grabpflegevereinbarungen, die Bestatter vermitteln, können die Grabpflege durch professionelle Friedhofsgärtner sicherstellen. Die notwendigen finanziellen Mittel sind dafür weit geringer als oft angenommen. Das Geld kann im Rahmen der eigenen Bestattungsvorsorge auf einem Treuhandkonto bereits eingezahlt und zweckgebunden hinterlegt werden. Bestatter beraten Vorsorgende dazu ausführlich und kostenfrei.
Mit Kreativität und Fantasie gestalten
Das Kuratorium Deutsche Bestattungskultur, das sich die Förderung und Weiterentwicklung der deutschen Bestattungskultur zur Aufgabe gemacht hat, weist darauf hin, dass bei der zukünftigen Entwicklung unserer Friedhöfe mehr Kreativität und Fantasie nötig ist, als dies derzeit praktiziert wird. Zwar gibt es in Deutschland vorbildliche Friedhofsanlagen in kommunaler und auch kirchlicher Trägerschaft, die Friedhöfe als Lebens- und Kommunikationsorte präsentieren und für Generationen einen wichtigen Anlaufpunkt darstellen. Es gibt jedoch allzu oft genau das Gegenteil, wo lediglich der Mangel und die geringeren Belegungszahlen verwaltet werden, verbunden mit einer ständig steigenden Gebührenspirale, die den Friedhof weiter unattraktiv werden lässt. Andreas Dieckmann, Vorsitzender des Kuratoriums Deutsche Bestattungskultur und Bestatter aus Brandenburg an der Havel betont, dass es Menschen heute darauf ankommt, neue Formen der Trauerbewältigung praktizieren zu können: “Diese können durchaus auch auf dem Friedhof ihren Platz finden, wenn dort mehr Möglichkeiten geschaffen werden als bisher: “Unsere Friedhöfe müssen individueller und bunter werden!”, so die Überzeugung von Andreas Dieckmann. In jedem Fall kommt es darauf an, dass Bestatter im Rahmen einer Bestattungsvorsorge schon zu Lebzeiten oder im Todesfall die Angehörigen so begleiten und beraten, dass diese zu eigenverantwortlichen qualifizierten Entscheidungen finden. Andreas Niehaus, Bestattermeister aus Bielefeld, ist der Friedhof ebenfalls ein Herzensanliegen und er stellt fest: “Wenn ich als Bestatter Menschen gut begleite und berate, welche vielfältigen Möglichkeiten auf unseren Friedhöfen möglich sind, wird die Bestattung im Wald, die zunächst von den Angehörigen erbeten wurde, hinfällig.”
Positive Spiegelbilder unserer Gesellschaft
Friedhöfe können so positive Spiegelbilder unserer Gesellschaft werden. Sie dokumentieren, wie die Gesellschaft im 21. Jahrhundert den Tod, den Umgang mit dem Sterben und allen damit verbundenen Fragen versteht. In versöhnter Verschiedenheit könnten dann auf unseren Friedhöfen unterschiedliche Grabfelder zu finden sein, die Christen genauso beherbergen wie Menschen ohne eine religiöse Bindung oder auch Mitbürger, die aus fremden Kulturen bei uns Heimat gefunden haben.